Durchatmen bei den DBB-Herren. Wer nach der 66:69-Niederlage gegen Estland zum Auftakt der World Cup Qualifiers noch etwas übertrieben von „mit dem Rücken zur Wand“ gesprochen hatte, sah sich heute eines Besseren belehrt. Nach dem 72:69 (16:13, 24:17, 21:21, 11:18)-Erfolg gegen Polen in Lublin hat sich die Ausgangsposition für das Team von Bundestrainer Gordon Herbert in der Qualifikation zum FIBA Basketball World Cup 2023 in Indonesien, Japan und den Philippinen deutlich verbessert. Die nächsten Spiele finden am 25. und 28. Februar 2022 in und gegen Israel statt.

Herbert veränderte seine Starting Five nicht und begann wieder mit Justus Hollatz, Dominic Lockhart, Karim Jallow, Robin Benzing und Leon Kratzer. Die große Bedeutung der Partie war allen Beteiligten vorher klar. Auch die Polen gingen mit einer Auftaktniederlage (61:69 in Israel) in das Spiel, jedes der beiden Teams wollte also eine weitere Niederlage unbedingt vermeiden. Etwas statisch begannen beide Teams, der erwartet große Druck der Polen blieb zunächst aus. (4:7, 4., Dreier Lockhart). Hollatz setzte sich stark durch, wurde gefoult und netzte auch den fälligen Freiwurf (4:10, 5.). Der Start war gelungen. Jallow war ein großer Aktivposten, Deutschland reboundete auch am offensiven Brett stark.

Polen steigerte die Intensität, bewegte den Ball besser und kam mit einem 6:0-Lauf zum Ausgleich, Auszeit Deutschland (10:10).  „We have no fouls! Use the fouls“, appellierte der deutsche Headcoach an sein Team. Der Dreier von Basti Doreth (Foto unten) tat der DBB-Auswahl in dieser Phase richtig gut, aber Polen antwortete umgehend. Zur Viertelpause lag Deutschland nach einer schönen Szene von David Krämer (Foto oben) vorne (13:16). Bis dahin hatte man zwar keinen echten Rhythmus, aber zumindest eine passende Mischung aus Attacke und Dreipunktversuchen gefunden.

Krämer ging mit einem „and one“ weiter voran und Doreth traf seinen zweiten Dreier (13:22, 11.). Die 4.000 polnischen Fans in der Arena in Lublin waren nahezu verstummt. Krämer legte per Dreier nach, es war die bis dato beste Phase der Gäste (16:27, Dunk Kratzer, 13.). Deutschland ließ ein paar offene Würfe liegen, aber Hollatz verwandelte einen Ballgewinn per Dunking und Jallow besorgte das 20:31 (15.). „Immer wieder gute Hände“ beschrieb der TV-Kommentator die deutsche Defense. Deutschland kontrollierte in diesen Minuten die Begegnung und machte vor allem defensiv einen guten Eindruck. Der überzeugende Krämer erhöhte an der Freiwurflinie und traf aus der Distanz zum 25:37 (18.). Zur Pause hatten sich die ING-Korbjäger durch einen weiteren Dreier von Krämer mit dem Buzzer eine gute Grundlage geschaffen, aber nicht mehr (30:40).

Deutschland verschlief den Start nach dem Seitenwechsel, Herbert nahm sofort eine Auszeit (35:40, 21.). Jetzt war die Arena da, aber der Dreier von Lockhart war ganz wichtig. Deutschland wehrte sich gegen stärker werdende Polen, Lockhart war mit seinem nächsten Dreier zum 40:48 so etwas wie die Lebensversicherung der Deutschen (24.). Das DBB-Team strauchelte und machte den Gegner stärker, als er war. Es galt nun Ruhe zu bewahren, aber das Momentum war bei den Gastgebern (45:50, 26.). Dann hämmerte Krämer nach einem großartigen Angriff einen „alley oop“ in den polnischen Korb, Hollatz war an der Freiwurflinie erfolgreich (45:53, 27.). Polen blieb jetzt aber dran, doch Krämer trug die Deutschen immer wieder mit big points durch die kritischen Momente. Der Braunschweiger war nicht zu stoppen (48:58, 29.). Als dann auch noch Benzing einen weiten Dreier versenkte, hatte sich Deutschland erfolgreich befreit (48:61). Die Polen trafen aber mit der Schlusssirene des dritten Viertels einen Dreier von der Mittellinie und gingen mit neuer Hoffnung in den Schlussabschnitt (51:61).

Die Polen nahmen einen erneuten Anlauf, Deutschland fand aber zunächst die passenden Antworten und behauptete den Vorsprung (53:63, 33.). Man sammelte aber Foul um Foul. Der Kampf um jeden Zentimeter hatte begonnen und Benzing erzielte zwei wichtige Zähler zum 53:65 (34.). Polen ging aber bei jedem Foul der Gäste an die Freiwurflinie und blieb im Spiel. Kratzer tat sich bei einer Korbaktion am Ellenbogen weh und musste vom Feld (35.). Sengfelder vertrat ihn an der Freiwurflinie erfolgreich, dann verkürzte Polen auf 60:67 (36), Auszeit Deutschland. Wieder einmal ging es darum, konzentriert zu bleiben und die Chancen zu nutzen. Wieder kam es zu kritischen Momenten, „leichte“ Würfe gingen daneben, Polen machte das 62:67. Aber Lockhart war einmal mehr per Dreier zur Stelle: 62:70 (38.). Sengfelder machte das 64:72 bei noch 56 Sekunden auf der Uhr. Polen mobilisierte zwar noch einmal alles, forcierte noch deutsche Ballverluste, aber mit Glück und Geschick holte Deutschland den wichtigen Sieg.

Stimmen:
Gordon Herbert: „Ich bin sehr stolz auf meine Spieler. Wir haben heute als echtes Team zusammengespielt. Donnerstag war hart, aber wir haben heute eine gute Antwort gegeben. Das Teamwork war viel besser. In der Arena war eine gute Atmosphäre. Wir haben das Tempo weitestgehend kontrolliert und immer wieder wichtige Würfe getroffen. Unsere Guards haben gegen den polnischen Druck einen sehr guten Job gemacht.“
David Krämer: „Nach dem Estland-Spiel haben wir uns als Gruppe neu zusammengefunden. Wir haben heute die Läufe sehr gut kontrolliert. Jeder hat defensiv zum Sieg beigetragen. Polen ist eine starke Mannschaft, aber wir haben das Spiel heute im Griff gehabt.“

Für Deutschland spielten:
Robin Amaize (Basketball Löwen Braunschweig, 0), Robin Benzing (Fortitudo Bologna/ITA, CAP, 5), Bastian Doreth (medi Bayreuth, 6), Patrick Heckmann (Brose Bamberg, dnp), Justus Hollatz (Hamburg Towers, 8), Bennet Hundt (EWE Baskets Oldenburg, dnp), Karim Jallow (ratiopharm Ulm, 4), Michael Kessens (Telekom Baskets Bonn, 0), David Krämer (Basketball Löwen Braunschweig, 24), Leon Kratzer (Telekom Baskets Bonn, 4), Dominic Lockhart (Brose Bamberg, 13), Christian Sengfelder (Brose Bamberg, 8).

Boxscore

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