Zwar nicht mehr direkt im Rahmen unsere Serie mit dem Rückblick auf das 70-jährige Jubiläum des DBB Ende vergangenen Jahres, aber auf jeden Fall noch passend zu „Once upon a time“ werden wir auch künftig hin und wieder Beiträge aus der DBB/DBV-Geschichte präsentieren. Heute sind wir Gunther Schmidt dankbar, der über die erste Teilnahme einer deutschen Damen-Nationalmannschaft bei einer Europameisterschaft erzählt:

Eine Premiere vor 68 Jahren

Mit einer Periodisierung, Termin- und Strategieplanung, Teamtaktik und Analyse der Gegner beschäftigen sich heute die Trainer vor einem Großereignis wie einer EM. Vor 68 Jahren plagten den DDR-Nationaltrainer Hans Jähne zehn Wochen vor der III. Damen-EM, zu der die FIBA eingeladen hatte, ganz andere Sorgen. Er plante mit den Spielerinnen in einem vierwöchigen Trainingslager zu beginnen. Ein Ort mit einem Freiplatz und einer Halle, die den Weltkrieg überstanden hatte, musste gefunden, Basketballgeräte beschafft, Zusatzverpflegung organisiert werden. Lebensmittel waren noch rationalisiert!

Fünf Spielerinnen aus Leipzig und dem Raum Berlin/Brandenburg reisten nach Döbeln an. Neun Aktive hatten Vorkenntnisse im Basketball, die übrigen waren Anfänger. In Folge fehlender sportärztlicher und physiotherapeutischer Betreuung und ungeeignetem Schuhwerk häuften sich die Ausfälle auf Grund von Verletzungen und Überlastungen. Fünf Wochen vor EM-Beginn wurde im ersten Trainingsspiel der OSC Berlin mit 29:22 besiegt. Drei weitere Spiele gegen die Berlinerinnen und eine männliche Jugend aus Wurzen folgten.

Eine Woche unterstützte der bekannte tschechische Trainer Mrazek die Vorbereitungen. Am 15./16. Mai 1952 reisten 14 Spielerinnen, zwei Trainer (neben Hans Jähne Wolfgang Herrcher), ein Arzt, ein Schiedsrichter, ein Leiter und ein Vizepräsident in einem sechsstündigem Flug nach Moskau. Am 18. Mai 1952 – heute vor genau 68 Jahren – nahm zum ersten Male ein deutsches Damenteam vor 20.000 Zuschauern an einer EM-Eröffnung teil.

Im Anschluss kam es zur „historischen“ 4:113 (2:65)-Niederlage gegen den Gastgeber UdSSR. Johanna Hellmann (3) und Helga Limburg (1) (beide BSG Rotation Mitte Leipzig) zeichneten für die Punkte verantwortlich. Helga Limburg war im Folgejahr Teilnehmerin an der Handball-EM. Das DDR- Team belegte nach Niederlagen gegen die Schweiz (8:53), Polen (12:96), Finnland (27:45) und Rumänien (15:77) den zwölften und letzten Platz. In Moskau spielten: Waltraud Bach, Annelies Borrmann, Johanna Hellmann, Erika Kalitzki, Christl Kowalewski, Helga Limburg, Anny Petersohn, Elfriede Prall, Inge Sande, Ursula Segelitz, Edeltraud Schubert, Marianne Schmitz, Wilfriede Wiegner und Inge Wojach.

Ein Fazit aus einem Abschlussbericht: „Die Teilnahme an der EM war ein Experiment, entsprungen aus der Begeisterung für das Basketballspiel und aus der Erkenntnis heraus, endlich einmal internationale Erfahrungen für den Aufbau des Spiels in der DDR zu sammeln …….. Unsere zukünftige NM muss aus der Breite wachsen ….. Wir müssen eine neue Mannschaft aufbauen, in der kaum eine der „Alten“ einen Platz finden wird…“.

Aus der Teilnahme und den Erfahrungen entstand ein umfangreicher Maßnahmenplan, dessen Umsetzung letztlich 15 Jahre später zum Anschluss an die Weltspitze geführt hat. Die Damen des DBV belegten 1966 bei der EM den dritten Platz und 1967 bei der WM den vierten Platz.

Gunther Schmidt