Es war der Basketballsommer der deutschen Nachwuchs-Nationalmannschaften. Nie zuvor hatte es einen Nachwuchs-Europameister gegeben, nie zuvor gab es gar eine zweite Medaille und nie zuvor erreichten alle Teams eine TOP10-Platzierung. Es ist also eine klar positive Tendenz zu erkennen, und das gibt ganz viel Zuversicht für die kommenden Jahre. Blicken wir kurz auf die einzelnen Teams zurück:

Alles begann mit den U20-Damen, die nach einer äußerst wechselhaften Vorbereitung mit vielen Ausfällen quasi als „Wundertüte“ zur EM nach Sopron/Ungarn reisten. Dort musste das Team der neuen Bundestrainerin Hanna Ballhaus – Aufsteiger aus der Division B – zunächst zwei Niederlagen gegen Russland (67:72 nach 13-Punkte-Führung in der 33. Min.) und Serbien (64:71) hinnehmen, ehe zum Abschluss der Vorrunde ein überzeugender 82:65-Erfolg über Slowenien folgte. Ganz bitter war dann die 66:68-Niederlage im Achtelfinale gegen Frankreich, als man drei Viertel gewann, der „Aussetzer“ im dritten Viertel (7:25) letztlich aber den Ausschlag gab. Das Wort „Abstiegsgefahr“ geisterte in den Hinterköpfen umher, aber mit einem starken 79:59-Erfolg gegen Kroatien bewiesen die U20-Korbjägerinnen einmal mehr, dass sie auch gut in die TOP8 gepasst hätten. Abschließende Erfolge gegen Lettland (70:67) und Belgien (75:58) brachten die DBB-Auswahl noch auf einen sehr guten neunten EM-Platz.

Und dann war auch schon Medaillenzeit! Ein bisschen auf Ansage, lang ersehnt und ganz sicher hochverdient holten sich die U20-Jungen vor eigenem Publikum ihr Edelmetall. Bei der Europameisterschaft in Chemnitz passte ganz viel zusammen. Obwohl die deutsche Mannschaft auf Akteure wie Isaiah Hartenstein oder Isaac Bonga verzichten musste, gab es vor dem Turnier von den Spielern nichts anderes zu hören als „Wir wollen eine Medaille“ oder sogar „Wir wollen Gold“. Man wollte es einfach und als es den Rückschlag im Halbfinale gab, war man ganz schnell wieder zusammen und nahm sich für den kommenden Tag die Bronzemedaille vor.

Aber der Reihe nach: Viel dramatischer hätte die EM für die deutsche Mannschaft kaum beginnen können. Und wer hätte zu dem Zeitpunkt schon gedacht, dass man es im ersten Turnierspiel gleich mit dem späteren Europameister zu tun bekommen würde? Deutschland und Israel boten eine packende Partie, in der die Israelis wenige Sekunden vor dem Ende bei einer Zwei-Punkte-Führung wie die Sieger aussahen. Doch DBB-Kapitän Richard Freudenberg netzte einen arg bedrängten Dreier mit der Schlusssirene zum umjubelten 60:59-Erfolg. Und es ging gut weiter. Griechenland wurde mit 82:76 in die Schranken gewiesen, das hart erarbeitete 86:70 gegen Rumänien hatte für die bereits als Gruppensieger feststehenden DBB-Youngster nur statistische Bedeutung.

Das Achtelfinale – erstmals unter den Augen von Dennis Schröder – wurde ohne größere Probleme gegen Island gewonnen (77:63). Es folgte die bis dahin stärkste Partie des Ibrahimagic-Teams. Die Türkei wurde mit 78:61 aus dem Medaillenrennen geworfen, man selbst war nur noch einen Schritt von Edelmetall entfernt. Doch der erste Versuch misslang. Lange hielt man im Halbfinale mit den starken Kroaten mit. Erst knapp drei Minuten vor der Schlusssirene setzten sich die Gäste ab und die Mannschaft musste den harten Kampf verloren geben. Am Ende stand die knappe 61:69-Niederlage.  Von diesem Dämpfer ließen sich die Mannen um Topscorer Kostja Mushidi nicht vom Medaillentraum abbringen. Im „kleinen“ Finale bezwang man Frankreich mit 80:71 und gewann die ersehnte Medaille: Bronze. Filip Stanic brillierte mit 22 Punkten und wurde folgerichtig zusammen mit Kostja Mushidi (Foto links) ins All Tournament Team gewählt. Alle Verantwortlichen zeigten sich sehr zufrieden mit dem Ablauf der Heim-EM.

Als nächstes starteten die U18-Jungen in ihre Europameisterschaft in Lettland. Für sie lief die Vorbereitung alles andere als rosig. Fünf von sechs Vorbereitungsspielen gegen Griechenland, Finnland und Lettland gingen verloren. Doch davon ließ sich das Team von Bundestrainer Harald Stein beim Turnier nicht verunsichern. Zwar leistete man sich eine 67:73-Auftaktniederlage gegen die Türkei, aber nur, um sich danach von Spiel zu Spiel zu steigern. Gegen Russland gab es dank eines starken Schlussviertel, das mit 24:9 an die Adlerträger ging, einen knappen 75:72-Erfolg. Im letzten Gruppenspiel sicherte die Mannschaft durch einen deutlichen 93:76-Sieg gegen Frankreich sogar den Gruppensieg.

Im Achtelfinale kam es zur „Revanche“ für die U20-Herren. Dank eines verdienten 73:60-Sieges über Kroatien stand Deutschland unter den besten acht Teams in Europa. Hier wartete mit Serbien eine absolute Topmannschaft auf die DBB-Auswahl. Marco Hollersbacher überzeugte in einer der spannendsten Partien der ganzen EM mit 21 Punkten und fünf getroffenen Dreiern. Auch Bruno Vrcic traf unmögliche Würfe, sodass das Spiel bis in die letzte Minute ausgeglichen war. Erst dann verlor man die Kontrolle über die starken Centerspieler der Serben und das Spiel – 86:92. Die Platzierungsrunde besaß trotzdem sportliche Relevanz, denn der Fünfplatzierte bekam das letzte Ticket für die U19-WM im kommenden Jahr. Mit einer geschlossenen Teamleistung konnte gegen Montenegro verdient mit 76:52 gewonnen werden. So kam es also zum Endspiel um die WM-Teilnahme gegen Litauen. Leider reichte es hier nicht mehr für einen Sieg (55:83), sodass Bundestrainer Harald Stein quittierte: „Wir haben heute gegen eine starke Mannschaft verloren und beglückwünschen Litauen, trotzdem können wir stolz auf unsere Gesamtleistung sein.“

Was nun folgte, sollte der Höhepunkt des Sommers, wenn nicht gar der letzten Jahre sein. Die U18-Mädchen gewinnen sensationell das erste EM-Gold einer deutschen Nachwuchs-Nationalmannschaft. Damit belohnte sich das Team von Bundestrainer Stefan Mienack für eine sehr intensive Vorbereitung und die harte Arbeit in den vergangenen Jahren. Mit einem Zittersieg über Lettland startete man in den Wettbewerb (66:62). Die 53:64-Niederlage gegen Ungarn bedeutete trotz eines Sieges über Slowenien nur den dritten Platz nach Ende der Vorrunde.

In der KO-Phase waren die ING-DiBa-Korbjägerinnen dann aber nicht mehr zu stoppen. Im Achtelfinale räumte man Gastgeber Italien aus dem Weg (67:46). Nyara Sabally, die später zum MVP des Turniers benannt werden sollte, erzielte gegen Tschechien im Viertelfinale 16 Punkte – Deutschland ließ beim 72:44 nichts anbrennen. Im Halbfinale wartete erneut Auftaktgegner Lettland. Diesmal entwickelte sich eine komplett andere Partie. Bereits mit dem 12:5 im ersten Viertel setzte Deutschland eine Duftmarke und hielt den Druck bis zum Ende hoch. Lettland kam nur auf 37 Punkte. Die Deutschen erzielten 66. Der Weg ins Finale war frei. Es sollte zur Wiederholung des Finales der U16-EM vor zwei Jahren kommen. Damals zog die Mannschaft um Kapitänin Jenny Strozyk gegen Spanien den Kürzeren. Doch in diesem Jahr sollte alles anders werden. Wieder startete Deutschland stark in die Partie und baute die Führung zur Halbzeit auf 19 Punkte aus. In der zweiten Halbzeit ließen sich die Mädels das Gold nicht mehr entreißen. Ein tolles Finalergebnis (67:54) krönte damit eine fantastische Turnierleistung. Nyara Sabally und Leonie Fiebich wurden ins All Tournament Team gewählt.

Zunächst mit Verletzungspech hatten die U16-Jungen zu kämpfen. Mit Len Schoormann und Elias Rödl fielen zwei Leistungsträger vor der EM in Novi Sad aus. Im ersten Gruppenspiel unterlag man Griechenland erst nach Verlängerung mit 68:69. Im nächsten Spiel war dann Kroatien dem DBB-Team überlegen (64:76). Zum Abschluss der Vorrunde sorgte ein 79:64-Erfolg über die Türkei für einen Aufschwung, wegen des verlorenen direkten Vergleiches belegte man dennoch nur den vierten Rang.

Im Achtelfinale war dann gegen die französische Auswahl Schluss. Bei der 56:83-Niederlage reichten auch Samares zwölf Punkte nicht aus. Um frühestmöglich den Abstieg zu vermeiden, musste im ersten Platzierungsspiel ein Sieg über Slowenien her. Nach der ersten Halbzeit sah es danach ganz und gar nicht aus. 26 Punkte betrug der Rückstand zur Pause. Doch in der zweiten Hälfte drehte sich das Blatt und die Auswahl von Bundestrainer Patrick Femerling gelang das schier Unmögliche. Nach einer unvergleichlichen Aufholjagd und 16 Punkten von Evans Rapieque lautete der Endstand 84:82. Der Klassenerhalt war gesichert und von nun an ging es nur noch um die bestmögliche Platzierung. Der Knoten schien geplatzt. In den beiden abschließenden Partien schlug man Italien (93:80) und Israel (77:73). Mit dem neunten Platz holte man das beste Ergebnis, das nach dem Ausscheiden im Achtelfinale noch möglich war und verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr um vier Plätze.

Den Abschluss des Sommers gestalteten die U16-Mädchen mit ihrer EM in Litauen. Sie verbesserten zwar letztlich nicht den hervorragenden sechsten Platz vom Vorjahr, sorgten aber mit Platz zehn dafür, dass alle deutschen U-Nationalmannschaften bei den Europameisterschaften 2018 unter den TOP10 landeten. Dabei gestaltete sich die Vorbereitung des Teams von Bundestrainer Pierre Hohn schwierig. Nur eines der letzten acht Testspiele vor der Europameisterschaft konnte gewonnen werden – 63:57 gegen Tschechien. In der Vorrunde trat man dann aber bereits deutlich besser auf. Zwar ging das Auftaktspiel gegen Russland verloren, doch die DBB-Auswahl antwortete mit zwei Siegen über Dänemark und Litauen. Als Zweitplatzierte zogen die jungen Korbjägerinnen ins Achtelfinale gegen Polen ein. Dort erwischte Magdalena Szymkiewicz einen Sahnetag von der Dreierlinie – sie erzielte 29 Punkte für die Polinnen. Emilia Tenbrocks (Foto links) 23 Zähler reichten nicht mehr für ein Weiterkommen. Mit einem tollen 57:51-Erfolg über Belgien sicherten die Deutschen allerdings bereits am Folgetag die Klasse in der Division A. Im zweiten Platzierungsspiel gegen Gruppengegner Dänemark warf Lotta Stach mit 22 Punkten ihr Team zu einem erneuten Kantersieg (63:45) über die Nordeuropäerinnen. Im Spiel um den neunten Platz musste man sich dann trotz einer tollen Anfangsphase und einem ‚double double‘ von Amelie Kröner den Lettinnen knapp mit 45:49 geschlagen geben.

Darüber hinaus waren auch die U15-Mannschaften erfolgreich. Sowohl die Mädchen als auch die Jungen holten den ersten Platz beim Nordseecup in Vejen/Dänemark. Der Grundstein für weitere erfolgreiche Basketballsommer ist also gelegt.